Spatzen verlassen Städte und Dörfer
Umweltstiftung NatureLife fordert mehr Natur in Dorf und Stadt
Stuttgart. Er ist ein Großstädter und Landei, weltweit am Start und scheinbar unverwüstlich: der Spatz. „Doch seit 25 Jahren gehen die Bestände des Haussperlings in Dörfern und Städten dramatisch zurück“, sagt Claus-Peter Hutter, Präsident der Stiftung NatureLife-International (NLI). „Bestandsrückgänge um 50 – 70 Prozent bestätigen das stille Sterben dieses laut tschilpenden Zeitgenossen.“
Er ist das vermeintlich unverwüstliche Paradebeispiel des dramatisch fortschreitenden Artensterbens. „Dabei sind Spatzen Gradmesser für unsere Umwelt- und Lebensqualität. Wo sich Spatzen wohlfühlen, ist auch Platz für mehr Natur und Mensch – wir haben das nur verlernt,“ so Hutter. Mit dem Spatzen-Buchreport „Federleicht“ (Heyne Verlag) beleuchtet C.-P. Hutter jetzt die Schattenseiten dieses scheinbar allgegenwärtigen Allerweltsvogels. Gemeinsam mit der Hamburger Journalistin Eva Goris hat er sich auf eine Entdeckungsreise in die geheime Welt eines vermeintlich Altbekannten begeben. Der Spatz baut zwar direkt vor unserer Haustür sein Nest und ist im Winter Dauergast an den Futterhäuschen, doch er führt ein Eigenleben. Die Nachbarschaft mit uns Menschen ist schwierig. „Als Kulturfolger ist der Spatz dem Menschen zwar stets gefolgt, aber aufgrund unserer Ignoranz musste der kleine Vogel viele Federn lassen“, sagt der NatureLife Präsident und beklagt den Ausverkauf der Natur direkt vor unserer Haustür. „Sind die Spatzen erst weg endet eine 6.000 jährige Kulturgeschichte von Mensch und Haussperling“.
Der quirlige Haussperling (Passer domesticus), Spatz ist nur sein volkstümlicher Name, wird in dem ultimativen Spatzen-Buch nicht nur unter Gesichtspunkten der Biologie und der Ökologie betrachtet. Geschichtliche Fakten aus vielen Jahrhunderten, aber auch die persönlichen Erzählungen über ein plötzlich zugeflogenes Spatzenweibchen machen das Buch spannend und unterhaltsam. Der auch international engagierte Naturschützer konnte sich – trotz anfänglicher „Proteste“ – gegen die Zuneigung des neuen Familienmitglieds nicht erwehren.
Spatzen haben durch ihre Vermehrungsfreude und die schiere Masse an Individuen der Vernichtung über Jahrhunderte standgehalten, doch in den letzten zwei Jahrzehnten unseres Jahrhunderts geht diese Überlebensstrategie nicht mehr auf, heißt es in einer Pressemitteilung von NatureLife. Der Bestand sinke kontinuierlich. Von den 500 Millionen Hausperlingen weltweit leben schätzungsweise zwischen fünf und elf Millionen Paare in Deutschland. Doch in vielen Regionen befindet sich der anpassungsfähige Kleinvogel dramatisch im Sturzflug. Mit auffälligen Bestandseinbrüchen ist der zwitschernde Großstädter unter den Vögeln vor allem in Metropolen wie Hamburg, München, Köln, Stuttgart, London und Paris auf dem absteigenden Ast. Der Mangel an Insekten für die Aufzucht der Küken durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und zu wenig Nistplätze machen dem kleinen Vogel große Probleme. Als Konsequenz fordert NatureLife-International eine Hinwendung zu mehr Natur in Dorf und Stadt; das nütze Mensch und Kreatur erst recht angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel.
„Federleicht – das erstaunliche Leben der Spatzen“ Eva Goris ● Claus-Peter Hutter, 224 Seiten, 33 Abbildungen. (Heyne Verlag) ISBN: 978-3-453-28138-7, EUR 15,00