Deutschland braucht Dung

Wasserbüffel

Wasserbüffel

Mit Biss und Schiss sorgen Weidetiere wie diese Wasserbüffel bei Großbottwar im Landkreis Ludwigsburg für biologische Vielfalt.

Ohne naturnahe Weidelandschaften kann das Artensterben in Feld, Wald und Flur nicht gestoppt werden.

Stuttgart. „Deutschland braucht Dung, ohne mehr naturnahe Weidelandschaften mit Rindern, Pferden, Eseln, Schafen und Ziegen ist das dramatische Artensterben nicht zu stoppen“, sagt Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife-International (NLI) und fordert eine deutlich stärkere Förderung von wilden Weidenlandschaften.

Entscheidend sei der Dung der Tiere als Basis für große Insektenvielfalt. In den Fladen von Weidetieren wie etwa Wasserbüffeln, die nicht mit Antibiotika behandelt werden, entwickeln sich unzählige Arten von Käfern, speziellen Dungkäfern, Fliegen und andere Insekten, die als Basis der Nahrungskette unverzichtbar sind. Schmetterlinge nehmen dort Feuchtigkeit und Mineralstoffe auf; Libellen machen Jagd auf kleinere Insekten. „Viele Vögel, die im Offenland mit Feldern, Wiesen und Weiden leben, wie Lerchen, Kiebitz, Wiesenpieper und Teichrohrsänger oder dort wie Schwalben ihre Nahrung suchen, verhungern schlichtweg, weil sie nichts mehr zum Fressen finden - das Verstummen der Natur ist in vielen Gegenden Deutschlands schon bittere Realität“, beklagt Hutter und ergänzt:

 „Längst ist bewiesen, dass recht kostengünstig nach der Methode Biss und Schiss wirksam und schnell dem Artensterben entgegengewirkt werden kann“.  NatureLife verweist dabei auf die Erfahrungen in eigenen Weideprojekten unter anderem mit Wasserbüffeln mitten im Ballungsraum zwischen Stuttgart und Heilbronn sowie auf Wissenschaftler, Bauern und Naturschutzexperten des Vereins Naturnahe Weidelandschaften e.V., des Staatlichen Naturkundemuseums Stuttgart und des Nationalparks Schwarzwald. 

 „Wir wissen genug um zu Handeln - alles ist erforscht, beschrieben,  dennoch führt die politische Förderung solcher Projekte ein beschämendes Nischendasein, während weiterhin Milliarden der EU - und damit unsere Steuergelder - vor allem in Nord- und Ostdeutschland in ein krankes System von Mais-Monokulturen und Massentierhaltung von Agrarkonzernen gepumpt werden“.  Notwendig sei mehr Dung statt Gülle welche vielerorts Böden und Grundwasser belaste. Der „Green Deal“ der Europäischen Union sowie die Biodiversitätsprogramme von Bund und Ländern hätten meist nur zu bunten Prospekten statt bunter Landschaften geführt.

Hutter, Mitautor des Buchreports „So wird das nichts - Politik zwischen Klimakollaps, Heizungshektik und Naturverwüstung“, beklagt auch die überbordende Bürokratie und viel zu lange Genehmigungszeiten zur Realisierung solcher Projekte.  Zugleich sieht man bei NatureLife einen Hoffnungsschimmer, weil einzelne Bürgermeister und deren Stadt- und Gemeinderäte umdenken und angesichts der Herausforderungen des Klimawandels eigene Weideprojekten zusammen mit Bauern und Naturschützern angehen. Vor allem Feuchtgrünland, Sumpfwiesen und moorige Flächen sind nach Angaben der Stiftung auch wichtige CO2 Senken und verbinden so wirksamen Klimaschutz, Hochwasser- und Verdunstungsschutz mit der Verbesserung der natürlichen Vielfalt.

 

Literatur: „So wird das nichts - Politik zwischen Klimakollaps, Heizungshektik und Naturverwüstung“. Volker Angres. Claus-Peter Hutter. Ludwig Verlag, München. 335 Seiten. 22, 00 €.